Warum wässern vor dem Ölen?
1. Allgemeines:
- Enständige Holzfasern richten sich auf und können beim Schleifen abgeköpft werden - dadurch vermeidet man Farbanreicherungen in den Fasern und erhält ein homogeneres Farbbild.
- Durch die Wassereinwirkung quellen die Holzfasern auf. Beim Rücktrocknen verflechten sie sich luftig und liegen nicht mehr dicht an dicht. Dadruch entsteht mehr Raum für eine anschließend eingebrachte Pflege- oder Colorprodukte.
2. Was passiert anschließend bei der Ölimprägnierung?:
Nach dem Wässern (und Abtrocknen) können Öle und Imprägnierungen viel besser in das Holz eindringen, indem die Substanzen die Luft in den Hohlräumen verdrängen und diese ausfüllen. Da die nun verdrängte Luft vordem optisch wie ein Weißpigment wirkte, wird das Holz automatisch auch angefeuert. Mit dem Mehr an aufgenommenem Öl wird die Imprägnierung auch besser - als Faustregel gilt hier: je mehr Öl vorher eingebracht werden konnte, desto besser ist das Holz vor nachträglichem Wassereintrag.
3. Öl-Wasserlack-Kombination:
Gerade bei der Öl-Wasserlack-Kombination kann es, wenn das Imprägnieröl nicht komplett durchgehärtet ist, zum Eintrag von Wasser unter die Imprägnierschicht kommen. Dadurch verschwindet der Anfeuerungseffkt stellenweise wieder, und der Boden kann sogar noch heller werden, als er es vor dem Ölen war. Wenn es einmal so weit gekommen ist, hilft nur noch ein Grundschliff.
Daher im Vorfeld immer gut wässern, um die Imprägnierschicht so widerstandsfähig als möglich zu machen!
4. Schlussfolgerung für die Fugen:
Beim Ölen werden erhebliche Mengen des Produktes in die Fugenräume zwischen den einzelnen Holzelementen (Dielen) gedrückt, etwa beim Spachteln und Polieren. Da die Öle Luftsauerstoff zum Aushärten benötigen, bleiben Produktreste in den Fugen oft für lange Zeit noch (zäh)flüssig und können bei raumklimabedingter Holzbewegung wieder austreten.
Das Wässern bringt den großen Vorteil, dass nicht nur die einzelnen Fasern aufquellen, sondern auch das ganze Holzelement an sich: dadurch werden die Fugen "kleiner" und nehmen weniger Öl auf.
5. Wie führt man nun das Wässern aus?:
Tragen Sie das Wasser einfach mit einem feuchten Tuch auf das frisch geschliffene Holz auf. Wichtig ist, dass der Auftrag gleichmäßig von Statten geht, Nacharbeiten ist immer schwierig. Die konkrete Wassermenge hängt stark vom verlegten Holz ab: wo eine Eiche im modernen Klebebett relativ unempfindlich ist, sollte man beispielsweise bei Lamellenverlegung Vorsicht üben. Aber auch bei kritischer baulicher Lage sollten Sie in jedem Fall wässern.
6. Geht das überhaupt, Wasser auf frisch geschliffenes Holz?:
Kein Problem - mit den seit Jahren gebräuchlichen Wasserlacken kommt sogar mehr Wasser aufs Holz als mit dem wassergetränkten Lappen.
7. Das Holz wird durch das Wasser ja ganz rau!:
Das ist unvermeidlich - wenn nicht beim Wässern vor dem Ölen, dann bei der laufenden Feuchtreinigung nach dem Ölen. Die Rauheit kann durch Auspolieren und Abschleifen mit leicht abrasiven Pads reduziert werden - oftmals wird dieser Charakterzug eines Holzbodens aber auch als attraktiv und wünschenswert angesehen.
8. Hilfe, ich habe eine Stelle vergessen!:
Wenn es auffällt
- während der Verarbeitung: auf die fragliche Stelle mit einem abrasiven Pad etwa Wasser aufbringen, trocknen lassen und nachölen
- nach der Verarbeitung: wenn das Öl schon durchgetrocknet ist, einfach die gleiche Vorgehensweise befolgen wie oben - mit viel handwerklichem Fingerspitzengefühl allerdings!
In jedem Fall wird die Nachbesserung einen deutlichen optischen Effekt haben und zu einem besseren Endergebnis führen.
9. Hilfe, ich habe alte Siegel nicht richtig ausgeschliffen!:
Alte Siegelschicht vollständig entfernen, wässern, trocknen lassen, überölen und evtl. noch einmal die gesamte Fläche auspolieren.
10. Bei hellen "Kratzspuren" in der Colorierung:
Wenn auf die frisch gewässerte und wieder abgetrocknete Fläche punktuell Druck ausgeübt wird, kann es sein, dass die luftig aungeordneten Fasern stellenweise wiede rzusammengedrückt werden und der Coloreffekt beim Ölsen dann heterogen ausfällt. Bei solchen "Kratzspuren" sollten Sie, bevor das Öl trocknet, den Boden mit Wasser (vermittels eines abrasiven Pads) abreiben und nochmals ölen und auspolieren.
11. Weitere Anwendungen:
Das Wässern von Holz ist als Technik nicht auf Fußböden beschränkt: auch Holzmöbel und Arbeitsflächen lassen sich so effektiv colorieren.
12. Wasser und Laugen:
Das Wässern ist neben dem pH- und Salzeffekt eine der Hauptwirkungen von Holzlaugen - Wasser kann daher auch als "Neutrallauge" bezeichnet werden.
13. Lösemittelbasierte Lacke:
Das Vorwässern kann man auch zur Verbesserung der Lackhaftung auf Holz einsetzen - das wird aber bei mattierlungsmittelhaltigen Produkten schwierig, da sich diese Mattierungsmittel an der Oberfläche weißlich absetzen können.